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Warum wir Kinderrechte-Indikatoren brauchen

Was sind Kinderrechte-Indikatoren? Was genau messen sie? Welche Erfahrungen machen andere Länder mit Kinderrechte-Indikatoren? Expertinnen und Experten diskutierten am 21. Juni 2017 über die Messbarkeit von Menschenrechten und über die Staatenverantwortung, die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention zu dokumentieren.

Die ausführliche Dokumentation unserer Veranstaltung enthält die Inputs und Ergebnisse.

Der Themenschwerpunkt des Jahres 2017 bezieht sich auf die Empfehlung des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes aus dem Jahr 2014, die Bundesregierung solle “ein umfassendes und integriertes Datenerhebungssystem mit Bezug auf Kinder zu errichten, das alle Bundesländer und den gesamten Zeitraum der Kindheit bis zum 18. Lebensjahr abdeckt, und Indikatoren für Kinderrechte einzuführen, anhand derer der Fortschritt bei der Verwirklichung dieser Rechte analysiert und bewertet werden kann.

Die National Coalition erstellte dazu eine Literaturliste mit Berichten, Studien und Umfragen der Bundesregierung, die von Mitgliedern der National Coalition verwendet werden. Auffindbar sind die Publikationen auf den Themenseiten der National Coalition. Außerdem hat die National Coalition mit Hilfe ihrer Mitgliedorganisationen 100 Fragen zusammengetragen, deren Antworten Auskunft über die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland geben könnten - wenn es diese Antworten gäbe.

Einige Fragen der 100 Fragen lauteten:

  • Auf welche Daten greifen Forschung und Politik zurück? (Art. 4 Verwirklichung)
  • Erhalten alle Kinder bei ihrer Geburt eine Geburtsurkunde? (Art. 7 Geburtsurkunde)
  • Wie werden Kinder und Jugendliche vor Gericht angehört? (Art. 12 Berücksichtigung des Kindeswillens)
  • Wie viele Kinder und Jugendliche engagieren sich für Menschenrechte? (Art. 15 Versammlungsfreiheit)
  • Werden Kinder und Jugendliche abgeschoben? (Art. 22 geflüchtete Kinder)

What gets measured gets done

Was bringen Kinderrechte-Indikatoren also? Das belgische Beispiel zeigte, dass Kinderrechte-Indikatoren nicht nur machbar sind, sondern auch ganz konkret der Staatenberichterstattung dienen und den Berichterstattungsprozess erleichtern, da sie einer Struktur folgen und Veränderungen aufzeigen. Karen Van Laethem und Catherine Péters von der Nationalen Kinderrechte Kommission Belgien betonten, dass die Entwicklung von Indikatoren schon allein dafür hilfreich gewesen sei herauszufinden, welche Daten noch fehlten und welche Fragen der Zivilgesellschaft noch unbeantwortet bleiben.

Ein anderes Beispiel ist der Child Protection Index. Er wurde bisher in neun Staaten im südosteuropäischen Raum eingesetzt und dient unter anderem zum Monitoring des Übergangs von Heimunterbringung zu anderen Formen der Fremdunterbringung. Andy Guth (ChildPact) hob besonders die Rolle der Zivilgesellschaft beim Monitoring mit Indikatoren hervor.

Geert Jorgensen (Eurochild) stellte das Tracking Progress tool vor, das die Umsetzung der UN Leitlinien für alternative Formen der Betreuung von Kindern beobachten soll, jedoch noch unveröffentlicht ist. “Genau da hinzuschauen wo es gerade nicht gut geht, sei besonders wichtig um nicht nur den status quo zu zementieren”, so Jorgensen.

Indikatoren in Deutschland

In Deutschland würden sowohl Bundesregierung als auch Zivilgesellschaft von einer indikatorengestützten Staatenberichterstattung profitieren, sagte Judit Costa von der National Coalition Deutschland. Die Wirksamkeit von Maßnahmen der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention könnten so überprüft werden und Verbände würden ihrem Handeln Fakten zugrunde legen können.

Dass Jugendliche mit Hilfe von Daten gezielt für die Umsetzung ihrer Rechte einstehen wollen, berichtete Carl Guttmann vom Kinderbüro Freiburg. Hier hatten Kinder und Jugendliche ein Projekt entworfen um andere junge Menschen zu befragen. Verena Todeskino vom PROSOZ Institut für Sozialforschung veranschaulichte, wie mit Hilfe von Indikatoren messbare Veränderungen Entwicklung über Zeit sichtbar werden. Die Grundlagen der Survey-Forschung erläuterte Dr. Christian Alt vom Deutschen Jugendinstitut und berichtete von der breiten Palette der Themen, die das Deutsche Jugendinstitut bereits bearbeitet. Dr. Britta Leisering vom Deutschen Institut für Menschenrechte verwies am Beispiel der UN-Behindertenrechtskonvention darauf, dass Indikatoren den normativen Gehalt jedes einzelnen Rechts abbilden sollten.

Ein Schritt nach dem anderen

Anja Teltschik von UNICEF begrüßte die Initialzündung, die die National Coalition für die aus ihrer Sicht notwendige Entwicklung von Kinderrechte-Indikatoren gegeben hat. Sie hob hervor, dass zivilgesellschaftliche Netzwerke Priorisierungen von Themen vornehmen könnten, den Praxis-Check bieten und die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen unterstützen können. Ob in der Entwicklung von Indikatoren oder der Parallelberichterstattung an den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes, die National Coalition bleibt ein “watchdog” für die Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland.

Eine ausführliche Dokumentation der Veranstaltung finden Sie auf unserer Webseite www.kinderrechte-indikatoren.de. Eine englische Version liegt ebenfalls vor.